Einheitliche Lösung für Bauprodukte
EU-konform: Deutsche Leichtbetonindustrie ergänzt CE-Kennzeichnung um privatrechtliche Leistungserklärung
Laut EuGH dürfen an europäisch harmonisierte Bauprodukte keine bauordnungsrechtlichen Anforderungen mehr gestellt werden. Die deutsche Leichtbetonindustrie bietet daher privatrechtliche Leistungserklärungen zu ihren Produkten an, die die CE-Kennzeichnung ergänzen sollen. „Das Konzept der Anforderungsdokumente mit Herstellererklärung stellt sicher, dass von der Planung bis zur Ausführung alle bauaufsichtlich notwendigen Beschreibungen, Nachweise und Bestätigungen für den Bauherren und die Baubehörden vorliegen“, erläutert Hauptgeschäftsführer Dieter Heller vom Bundesverband Leichtbeton (Neuwied). Damit folgt die deutsche Leichtbetonindustrie einer gemeinsamen Erklärung von Bundesarchitektenkammer, Bundesingenieurkammer sowie verschiedener Baustoff-Verbände, die das neue Konzept gemeinschaftlich erarbeitet haben. „Nach Abschaffung des Ü-Zeichens sollen damit die hohen Sicherheitsstandards im Bauwesen weiterhin hochgehalten werden“, betont Heller.
Um eine Abschottung nationaler Märkte in der Europäischen Union zu verhindern, werden nach und nach Normen und Richtlinien auf europäischer Ebene vereinheitlicht. Diese sogenannte Harmonisierung macht auch vor der Baubranche nicht halt. Gleichzeitig muss allerdings gewährleistet sein, dass die Anforderungen innerhalb eines Landes durch die Vereinheitlichung nicht sinken. Ein Umstand, dem bisher in Deutschland mit dem „Ü-Zeichen“ Rechnung getragen wurde. Dieses erhielten CE-gekennzeichnete Produkte zusätzlich, wenn sie nicht nur den europäischen, sondern auch den nationalen Kriterien genügten. Dieser doppelten Kennzeichnung wurde nun allerdings durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein Riegel vorgeschoben. Um die Vereinheitlichung für Hersteller in der EU voranzutreiben, sollen nationale durch europaweite Anforderungen ersetzt werden. Das Urteil des EuGH (C-100/13) vom 16.10.2014 besagt: An europäisch harmonisierte, CE-gekennzeichnete Bauprodukte dürfen künftig von staatlicher Seite keine zusätzlichen nationalen Anforderungen mehr gestellt werden. So wird die einheitliche Bewertung von Bauprodukten europaweit gewährleistet. Gütezeichen, wie das hierzulande gebräuchliche Ü-Zeichen, dürfen auf harmonisierten Bauprodukten damit nicht mehr verwendet werden. Dies stellte nicht nur Architekten und Fachplaner, sondern die gesamte Baubranche in Deutschland vor die Frage nach einer alternativen Darstellung der Gütesicherung.
Die Thematik
Die Änderung der Landesbauordnung sowie die Veröffentlichung der neuen Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV-TB) im August 2017 legt fest, dass an europäisch harmonisierte Bauprodukte keine bauordnungsrechtlichen Anforderungen mehr gestellt werden. So wird die Doppelung von CE- und Ü-Kennzeichnung – wie vom EuGH beschlossen – verhindert. Gleichzeitig werden die entsprechenden bauordnungsrechtlichen Anforderungen künftig an das Bauwerk selbst geknüpft. Damit müssen die geforderten Eigenschaften nicht mehr für das Produkt, sondern für das gesamte Gebäude nachgewiesen werden. Daraus folgt aber auch, dass nach wie vor die Verwendbarkeit der Produkte zur Erfüllung der Bauwerksanforderungen nachgewiesen werden muss. Auch das Ineinandergreifen von Produkt-, Bemessungs- und Anwendungsnormen ist diesbezüglich sicherzustellen.
Die Lösung
Um die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an Gebäude weiterhin zu gewährleisten, haben sich daher verschiedene Herstellerverbände sowie die Bundesarchitekten- und Bundesingenieurkammer zusammengeschlossen. Gemeinsam entwickelten sie sogenannte, privatrechtliche „Anforderungsdokumente“. Diese sollen in Zukunft die Leistungsmerkmale der jeweiligen Bauprodukte festlegen. Zur Erfüllung der Bauwerksanforderungen werden sie mittels Herstellererklärungen oder Gutachten nachgewiesen.
Das durch die beteiligten Verbände und Kammern entwickelte System basiert auf Abschnitt D3 der MVV TB. „Zielsetzung war es, die Vorgaben des Bauordnungsrechtes bei der Verwendung europäisch harmonisierter Bauprodukte rechtssicher umzusetzen“, erläutert Dipl.-Ing. Dieter Heller vom Bundesverband Leichtbeton. „Zudem ist uns als Industrie wichtig, eine pragmatische Lösung zu bieten, die schnell wieder Sicherheit schafft.“ Neben dem Bundesverband Leichtbeton zeichnen noch 15 weitere Vereinigungen der deutschen Bauwirtschaft sowie die zuständigen Kammern für das neue System verantwortlich.
Die Details
Die neugeschaffenen Anforderungsdokumente legen bereits bei Ausschreibung und Beschaffung die Merkmale fest, welche das Bauprodukt erfüllen muss, um den Bauwerksanforderungen gerecht zu werden. Das jeweilige Dokument bildet dann die Basis von Verträgen, Bestell- und Lieferunterlagen zur Bauausführung. Sowohl die Fremdüberwachung der Produkte als auch die werkseigene Qualitätskontrolle wird hierfür in gewohnter Form weitergeführt. „Mit diesem Schritt garantieren alle unsere Mitglieder als Hersteller privatrechtlich für die Eigenschaften ihrer Produkte“, so Heller. Verankert ist das System mittlerweile auch in der entsprechenden Regelsetzung. So enthält die DIN 18200:2018 „Übereinstimmungsnachweis für Bauprodukte – Werkseigene Produktionskotrolle, Fremdüberwachung und Zertifizierung“ ein Muster für eine freiwillige Herstellererklärung. Die Norm wurde im August 2018 veröffentlicht und ermöglicht nun einen Übereinstimmungsnachweis für zusätzliche Eigenschaften bei harmonisierten Bauprodukten.
Um sicherzustellen, dass alle erforderlichen Produktwerte zur Erfüllung von Bauwerksanforderungen vollständig erfasst sind, wurden die Anforderungsdokumente in Fachausschüssen erarbeitet. Hieran beteiligten sich unter anderem öffentliche und private Bauherren, Planer, Produkthersteller, Bauausführende sowie Prüfingenieure. Nach Abstimmung der Dokumente mit der Bauaufsicht der Länder gelten diese nun als freiwillige technische Dokumentation.
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Ursprünglich als „Verband Rheinischer Bimsbaustoffwerke“ im Jahr 1931 gegründet, spricht der Bundesverband Leichtbeton e.V. heute für einen Großteil der deutschen Leichtbeton-Hersteller und die Hersteller der natürlichen sowie industriell hergestellten Zuschlagsstoffe. Seine Organisationsstruktur ist professionell ausgerichtet. Das Präsidium trifft Grundsatz- sowie Finanzentscheidungen in Abstimmung mit dem Beirat. Die Mitgliederversammlung hat – als wichtigstes Organ des Verbandes – insbesondere eine Kontroll- und Wahlfunktion.
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